Liebe Mitglieder, ich möchte Euch heute vom Abschluß meiner Restauration erzählen.
Irgendwann,
noch während der Corona Virus Pandemie, sah ich eine Annonce aus der
Nähe von Modena einer Fantic RSX125 von 1981.Eine RSX 80 oder 125
war für mich schon während der Jugendzeit nicht ein Hinkucker
partout. Sondern eine Enduro für Nicht-ambitionierte mit hässlicher
Lampenmaske - nicht meine Erste Wahl. Dazu auch noch Blinker und eine
Sitzbank, die den Aufstieg und Fahreigenschaften durch eine Senkung
im Fahrersitz erleichtert. Das Moped soll hoch gebockt und
leichtgewichtig sein !
Nach Wochen
keine Änderung in den Inseraten, so nahm ich also doch Kontakt zum
Verkäufer der RSX125 auf, er hieß Giorgio und antwortet spontan auf
meine Anfrage.
Inserat
Fantic FM402 mit Zubehör eines Anbieters nahe Modena (I).
Das Moped war
im Vergleich zu anderen Fantic's günstiger aber mit dem Hinweis
versehen, dass der Motor nicht funktioniere und es keine
Originaldokumente mehr gibt. Also ein voreiliger Kauf wäre mit einem
gewissem Risiko behaftet, zumal klar war, dass der
Verhandlungsspielraum vor Ort nach Anreise aus Norddeutschland sehr,
sehr eingeschränkt sein solle.
Ich nahm also
Kontakt mit einem für deutsche Typenzulassungen autorisierten
Unternehmen auf, um die Anforderungen hinsichtlich Dokumentation
Freigabe Fahrzeugschein und -brieferstellung besser zu verstehen.
Dabei war wichtig eine Einstufung als Leichtkraftrad auf 11kW ohne
Blinker auf Basis der vorhanden italienischen Unterlagskopien zu
erhalten. Nach Abstimmung mit einem zertifizierten Unternehmen konnte ich weitere Schritte in Italien einleiten und setzte einen
Kaufvertrag auf, um das Risiko einzugrenzen.
Ende Oktober
2022 war es soweit und ich war in Modena. Der Deal war perfekt und
das Moped wurde demontiert und in den Kofferraum meines Kombi's
gepackt.
Zu Hause
angekommen gab es dann eine Bestandsaufnahme der historischen
Gerätes:
Vordergabel mit
defekten Simmerringen (hier wurde rechts ein Stofftuch zur Öltrennung
unter den Staubschutzkappen verwendet, die ebenfalls defekt waren).
Die Strebe der Bremsankertrommel (Sicherheitsrelevant) am Vorderrad
war merkwürdig eingeschnitten, Die Kette zu lang, daher
Kettenblattzähne defekt, Speichenbruch hinten und Stossdämpfer
hinten stark in Mitleidenschaft gezogen. Einige Rahmenpartien, der
Schwinge und der Tauchrohre war die Lackierung teilweise
abgesprungen, die Farbe der Lichtmaske verblasst, diverse Gummi- und
Dichtungsteile porös und eingerissen, und und und....
Da stand sie
nun den weiten Weg über den Brenner und Fernpass nach Deutschland
gekarrt und Ernüchterung trat ein. Anspringen wollte sie natürlich
nicht - wie vom Verkäufer eingeräumt. Alleine der Zündfunke machte
Hoffnung, dass nicht „Hopfen und Malz“ verloren sind.
Fragmente einer
über vierzigjährigen Mopedgeschichte in rot, weiß und schwarz mit
Rost geperlt und das ersehnte Ziel einer „kurzen Aktion“ war in
weite Ferne gerückt. Ich brauchte also Unterstützung einer
erfahrenen Person in Sachen Restauration und Motormechanik alter
italienischer Zweiradkunst aus Barzago.
Ich nahm
Kontakt in relevanten Classik-Foren auf und schon bald meldete sich
Dirk aus einem Restaurationsthread, der der gleichen Passion
verfallen ist, ebenso eine RSX125 seit vielen Jahren besitzt und
Zweitakttöne längst vergangener Tage aus Italien wie ich bis heute
liebt.
So erfuhr ich,
dass das Rot der Fantic RSX125 der RAL3000 Farbpalette entspricht
(nicht 3002, wie von mir vermutet) und ich begann mit Schleif- und
Lackierarbeiten.
Zahlreiche
Ersatzteile konnte ich z.B. bei BOSISIO in Italien online erstehen.
Andere wiederum konnte ich nur durch Hinweis von Dirk bekommen, deren
Qualität auch über der der Originale ist. Hier denke ich z.B. an
die KTM Kettenführung der Schwinge im Einlauf Kettenrad. Natürlich
bekam die FM402 eine neue Ölbefüllung des Getriebes und der
Federgabel. Die Kupplungslamellen musste ich mit einem Cutter-Messer
trennen und neu abschleifen nach der Entnahme aus dem Kupplungskorb.
Sämtliche Bowdenzüge wurden erneuter, die Bremsbeläge hatte der
Vorbesitzer bereits erneuert. Teilweise waren jedoch Einzelteile der
Achse nicht an Ort und Stelle.
Selbstverständlich
wurden sämtliche Zylinderdichtungen als auch Gummimanschetten vor
und nach dem Vergaser erneuert. Zwischenzeitliche Startversuche
blieben leider erfolglos. So reinigte ich zunächst die Bedüsung im
Ultraschallbad und habe dann jedoch alle Messingteile samt Schwimmer
im Vergaserinneren letztlich doch erneuert .
(Anm: Dellorto Shop
Deutschland unterstützt sehr gut zum Verbau der Original Bedüsung
und Schwimmerbauteile).
Die Vergaserschieber
sind meist ebenso noch in Ordnung und sehr kostspielig zu erneuern.
Tipp: Nicht gleich
neu kaufen....
Dennoch, der
Motor wollte nicht anspringen [..] Die Zündspule wurde geprüft, das
Zündkabel und Kerze erneuert, der Tank innen gereinigt, Benzinhahn
ebenso, Schläuche erneuert. Nur ein, zwei vielleicht drei kurze
Takte, aber kein Starten. Der Vergaser konnte an dieser Stelle als
Ursache ausgeschlossen werden und so widmete ich mich dem Zylinder
und Kolben als auch der Zündung. Die Steuerzeiten und das
Kolbenspiel waren in Toleranz bzw in Ordnung.
Dann das
Missgeschick: Bei der Demontage des Polrades und dem Öffnen der drei
kleinen Innensechskantschrauben der Zündplatte streifte ich an der
Lichtspulenwicklung und habe diese beschädigt. Gleichzeitig gab Dirk
mir den Tipp das Grüne Zündkabel von Pick-Up zur Zündspule zu
überprüfen, da die Isolierung erfahrungsgemäß zerbröckelt. Er
hatte Recht, die oxidierten Adern des Kabels lagen im Kabelbaum frei
und wurden teilweise vom Vorbesitzer provisorisch umwickelt (Foto
unten). Das Kabel wurde erneuert und konnte leichtgängig in den
Kabelbaum eingezogen werden. Das Moped sprang immer noch nicht an und
ich bekam den Hinweis die Kill-Kabelfunktion des Motor-Ausschalters
zu testen. Kleines Rotes Kabel abgeklemmt, keine Änderung.
Mit einem
Messschieber habe ich die Position des Kolbens am OT und die
Einstellung des Zündzeitpunktes überprüft. Meine Markierung, die
ich auf der Grundplatte gesetzt habe bestätigte, dass die
Einstellung (Verdrehwinkel der Grundplatte zu Polrad / Kurbelwelle)
nach Vorgabe ist. Zündzeitpunkt sollte also passen, der Vergaser
erzeugt ein ordentliches Kraftstoffgemisch und die Einstellschraube
des Mischungsgrades ist ca 1,5 Umdrehungen nach aussen gedreht und
nicht zu fett eingestellt. Was konnte also noch übrig bleiben als
Ursache ?
Einzig
verbleibendes Teil in der Kette war die Auspuffanlage.
Und siehe da,
bei genauem Betrachten sah ich binnen der zwei, drei Takte, die der
Motor als Lebensgeräusch von sich gab, ein Entweichen einer
Gemischwolke lediglich an der Verbindung zum Endschalldämpfer.
Diesen habe ich dann entfernt und nach zweimal Ankicken setzte sich
der Motor mit lautem Getöse und viel Rauchentwicklung in Gang. Ein
simples Problem eines verstopften Endschalldämpfer, der den
Gegendruck derart erhöht hatte, dass der Zweitakter nicht anspringen
konnte. Den Endschalldämpfer flutete ich einige Tage mit einem
Diesel-Domestos-Gemisch (Anm.: Der RME Anteil des Dieselkraftstoffes
ist hier reinigend und erhält im Gegensatz zum Ausbrennen des Topfes
die Nachbarschaft).
Ende gut - alles gut. Ich erhielt die Typenzulassung samt HU und freue mich an den Wochenenden die RSX anzuwerfen und zu cruisen.
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AlexK
Liebe Mitglieder, ich möchte Euch heute vom Abschluß meiner Restauration erzählen.
Irgendwann, noch während der Corona Virus Pandemie, sah ich eine Annonce aus der Nähe von Modena einer Fantic RSX125 von 1981.Eine RSX 80 oder 125 war für mich schon während der Jugendzeit nicht ein Hinkucker partout. Sondern eine Enduro für Nicht-ambitionierte mit hässlicher Lampenmaske - nicht meine Erste Wahl. Dazu auch noch Blinker und eine Sitzbank, die den Aufstieg und Fahreigenschaften durch eine Senkung im Fahrersitz erleichtert. Das Moped soll hoch gebockt und leichtgewichtig sein !
Nach Wochen keine Änderung in den Inseraten, so nahm ich also doch Kontakt zum Verkäufer der RSX125 auf, er hieß Giorgio und antwortet spontan auf meine Anfrage.
Inserat Fantic FM402 mit Zubehör eines Anbieters nahe Modena (I).
Das Moped war im Vergleich zu anderen Fantic's günstiger aber mit dem Hinweis versehen, dass der Motor nicht funktioniere und es keine Originaldokumente mehr gibt. Also ein voreiliger Kauf wäre mit einem gewissem Risiko behaftet, zumal klar war, dass der Verhandlungsspielraum vor Ort nach Anreise aus Norddeutschland sehr, sehr eingeschränkt sein solle.
Ich nahm also Kontakt mit einem für deutsche Typenzulassungen autorisierten Unternehmen auf, um die Anforderungen hinsichtlich Dokumentation Freigabe Fahrzeugschein und -brieferstellung besser zu verstehen. Dabei war wichtig eine Einstufung als Leichtkraftrad auf 11kW ohne Blinker auf Basis der vorhanden italienischen Unterlagskopien zu erhalten. Nach Abstimmung mit einem zertifizierten Unternehmen konnte ich weitere Schritte in Italien einleiten und setzte einen Kaufvertrag auf, um das Risiko einzugrenzen.
Ende Oktober 2022 war es soweit und ich war in Modena. Der Deal war perfekt und das Moped wurde demontiert und in den Kofferraum meines Kombi's gepackt.
Zu Hause angekommen gab es dann eine Bestandsaufnahme der historischen Gerätes:
Vordergabel mit defekten Simmerringen (hier wurde rechts ein Stofftuch zur Öltrennung unter den Staubschutzkappen verwendet, die ebenfalls defekt waren). Die Strebe der Bremsankertrommel (Sicherheitsrelevant) am Vorderrad war merkwürdig eingeschnitten, Die Kette zu lang, daher Kettenblattzähne defekt, Speichenbruch hinten und Stossdämpfer hinten stark in Mitleidenschaft gezogen. Einige Rahmenpartien, der Schwinge und der Tauchrohre war die Lackierung teilweise abgesprungen, die Farbe der Lichtmaske verblasst, diverse Gummi- und Dichtungsteile porös und eingerissen, und und und....
Da stand sie nun den weiten Weg über den Brenner und Fernpass nach Deutschland gekarrt und Ernüchterung trat ein. Anspringen wollte sie natürlich nicht - wie vom Verkäufer eingeräumt. Alleine der Zündfunke machte Hoffnung, dass nicht „Hopfen und Malz“ verloren sind.
Fragmente einer über vierzigjährigen Mopedgeschichte in rot, weiß und schwarz mit Rost geperlt und das ersehnte Ziel einer „kurzen Aktion“ war in weite Ferne gerückt. Ich brauchte also Unterstützung einer erfahrenen Person in Sachen Restauration und Motormechanik alter italienischer Zweiradkunst aus Barzago.
Ich nahm Kontakt in relevanten Classik-Foren auf und schon bald meldete sich Dirk aus einem Restaurationsthread, der der gleichen Passion verfallen ist, ebenso eine RSX125 seit vielen Jahren besitzt und Zweitakttöne längst vergangener Tage aus Italien wie ich bis heute liebt.
So erfuhr ich, dass das Rot der Fantic RSX125 der RAL3000 Farbpalette entspricht (nicht 3002, wie von mir vermutet) und ich begann mit Schleif- und Lackierarbeiten.
Zahlreiche Ersatzteile konnte ich z.B. bei BOSISIO in Italien online erstehen. Andere wiederum konnte ich nur durch Hinweis von Dirk bekommen, deren Qualität auch über der der Originale ist. Hier denke ich z.B. an die KTM Kettenführung der Schwinge im Einlauf Kettenrad. Natürlich bekam die FM402 eine neue Ölbefüllung des Getriebes und der Federgabel. Die Kupplungslamellen musste ich mit einem Cutter-Messer trennen und neu abschleifen nach der Entnahme aus dem Kupplungskorb. Sämtliche Bowdenzüge wurden erneuter, die Bremsbeläge hatte der Vorbesitzer bereits erneuert. Teilweise waren jedoch Einzelteile der Achse nicht an Ort und Stelle.
Selbstverständlich wurden sämtliche Zylinderdichtungen als auch Gummimanschetten vor und nach dem Vergaser erneuert. Zwischenzeitliche Startversuche blieben leider erfolglos. So reinigte ich zunächst die Bedüsung im Ultraschallbad und habe dann jedoch alle Messingteile samt Schwimmer im Vergaserinneren letztlich doch erneuert .
(Anm: Dellorto Shop Deutschland unterstützt sehr gut zum Verbau der Original Bedüsung und Schwimmerbauteile).
Die Vergaserschieber sind meist ebenso noch in Ordnung und sehr kostspielig zu erneuern.
Tipp: Nicht gleich neu kaufen....
Dennoch, der Motor wollte nicht anspringen [..] Die Zündspule wurde geprüft, das Zündkabel und Kerze erneuert, der Tank innen gereinigt, Benzinhahn ebenso, Schläuche erneuert. Nur ein, zwei vielleicht drei kurze Takte, aber kein Starten. Der Vergaser konnte an dieser Stelle als Ursache ausgeschlossen werden und so widmete ich mich dem Zylinder und Kolben als auch der Zündung. Die Steuerzeiten und das Kolbenspiel waren in Toleranz bzw in Ordnung.
Dann das Missgeschick: Bei der Demontage des Polrades und dem Öffnen der drei kleinen Innensechskantschrauben der Zündplatte streifte ich an der Lichtspulenwicklung und habe diese beschädigt. Gleichzeitig gab Dirk mir den Tipp das Grüne Zündkabel von Pick-Up zur Zündspule zu überprüfen, da die Isolierung erfahrungsgemäß zerbröckelt. Er hatte Recht, die oxidierten Adern des Kabels lagen im Kabelbaum frei und wurden teilweise vom Vorbesitzer provisorisch umwickelt (Foto unten). Das Kabel wurde erneuert und konnte leichtgängig in den Kabelbaum eingezogen werden. Das Moped sprang immer noch nicht an und ich bekam den Hinweis die Kill-Kabelfunktion des Motor-Ausschalters zu testen. Kleines Rotes Kabel abgeklemmt, keine Änderung.
Mit einem Messschieber habe ich die Position des Kolbens am OT und die Einstellung des Zündzeitpunktes überprüft. Meine Markierung, die ich auf der Grundplatte gesetzt habe bestätigte, dass die Einstellung (Verdrehwinkel der Grundplatte zu Polrad / Kurbelwelle) nach Vorgabe ist. Zündzeitpunkt sollte also passen, der Vergaser erzeugt ein ordentliches Kraftstoffgemisch und die Einstellschraube des Mischungsgrades ist ca 1,5 Umdrehungen nach aussen gedreht und nicht zu fett eingestellt. Was konnte also noch übrig bleiben als Ursache ?
Einzig verbleibendes Teil in der Kette war die Auspuffanlage.
Und siehe da, bei genauem Betrachten sah ich binnen der zwei, drei Takte, die der Motor als Lebensgeräusch von sich gab, ein Entweichen einer Gemischwolke lediglich an der Verbindung zum Endschalldämpfer. Diesen habe ich dann entfernt und nach zweimal Ankicken setzte sich der Motor mit lautem Getöse und viel Rauchentwicklung in Gang. Ein simples Problem eines verstopften Endschalldämpfer, der den Gegendruck derart erhöht hatte, dass der Zweitakter nicht anspringen konnte. Den Endschalldämpfer flutete ich einige Tage mit einem Diesel-Domestos-Gemisch (Anm.: Der RME Anteil des Dieselkraftstoffes ist hier reinigend und erhält im Gegensatz zum Ausbrennen des Topfes die Nachbarschaft).
Ende gut - alles gut. Ich erhielt die Typenzulassung samt HU und freue mich an den Wochenenden die RSX anzuwerfen und zu cruisen.