Weil ich per PM drum gebeten wurde!
Schon beim ersten Ausritt auf der neuen EC 300 - 2019 ist mir aufgefallen, dass das Fahrwerk baugleich mit dem der GP 300 - 2018 zu sein scheint, eventuell etwas softer, aber nichts was man mit den Klickern nicht ausgleichen könnte. Gut, dass nun der Renthal Twinwall Lenker, den ich persönlich gar nicht mag Geschichte ist und es jetzt einen Neken Lenker gibt der von der Form ziemlich gleich sein dürfte wie der von der 300er KTM (2013 - 2017). Der originale, kleine Lenkergummipolster war das erste Teil, dass gleich in den Mist wanderte, denn da gehört er auch hin. Jeder der schon mal in den Lenker gebissen hat weiß, das ein paar Euro für einen richtig dicken Lenkerpolster eine gute Investition sind.
Wieso man liest, dass das Fahrwerk auf der soften Seite ist erschließt sich mir nicht. Es ist eher auf der straffen Seite, jedenfalls wenn man es mit dem WP/Explor-Zeug 2017-18 vergleicht und schluckt alles weg, aus der Kiste schon sehr brauchbar. Negativfederweg hat bei meinem Moped genau gestimmt, wenn ihr den kontrolliert, dann auch gleich die Kettenspannung, die bei mir viel zu straff war, kontrollieren. Das in der Betriebsanleitung angegebene Einstellverfahren ist für mich nicht schlüssig, ich stelle es so ein wie bei KTM, Gang rein unteres Kettentrum spannen (mit dem Fuß das HR ein bissel nach vorne drehen) und oben hinter dem Kettenschutz 3 Finger drunter, passt.
Die Hinterbremse ist recht defensiv abgestimmt, das ist aber gut weil man so sehr gut dosieren kann, für ordentlich Bremsleistung muss man auch richtig draufsteigen. Die vordere Nissin-Bremse ist ein Gedicht, auch wenn die Scheibe nicht schwimmend gelagert ist so wie bei der GP-Version. Die GP -Bremse ist noch einen Tick bissiger, aber dafür ist die EC-Version besser dosierbar. Beide Bremsen, die von EC und GP spielen in einer Liga die man bei KTM nicht kennt, knallharter, immer konstanter Druckpunkt auch nach monatelanger Standzeit. Bravo GG! Ein Traum!
Die sehr guten Michelin Enduro Reifen begeistern in Kombination mit hochwertigen Excel Felgen und funktionieren sehr gut auf jedem Untergrund, eine feine Allroundbereifung. Der Hinterreifen generiert auch mit bereits runden Kanten und misshandeltem Profil ordentlich Vortrieb und erinnert sehr an den GT216HBN. Er ist auch mindestens genauso teuer.
Der zu Recht in Verruf geratene Starter der 18er Modelle findet sich auch an den 19er-Modellen, funktioniert hier aber ohne Fehl und Tadel und das obwohl ich die fette Serienbatterie gegen die deutlich kleinere Shido s7 getauscht habe. Die gesamte Zündanlage, Batterie und Batterieverkabelung ist neu und es scheint, dass diese Maßnahmen dem Starter auf die Sprünge geholfen haben.
Sehr gut ist der neue, hintere Kotflügel, der eine zusätzliche kleine Plastiknase hat wo der Seitendeckel (Luftfilter) einrastet und jetzt endlich hält. Blöd nur, dass er die gleiche Teilenummer wie der alte Flügel hat. ratet mal was ihr bekommt wenn ihr einen bestellt. Genau, die alter Version.
Dem Startknopf auf der linken Seite -irgendwie nicht wirklich das gelbe vom Ei- wurde ein weiterer Schalter hinzugefügt. Er nennt sich Mappingschalter, findet in der Betriebsanleitung keine Erwähnung und dürfte (reine Vermutung) kein Mapschalter sein sondern ein Zündkurvenschalter sein, was aber egal ist. Denn er funktioniert. Natürlich auch mild, aber immerhin deutlicher zu merken als bei der orangenen Konkurrenz aus dem Bananenland. Bei unvermeidlichen Straßenetappen schalte ich immer auf die mildee Zündkurve um, denn da ist dieser Drang nach mehr Gas beim Versuch konstant schnell zu fahren wesentlich geringer. Sehr angenehm.
Der Motor. Er ist immer noch ein rauher Geselle und vibriert richtig stark, wobei das immer in Bezug auf den in dieser hinsicht perfekten KTM Motor mit Ausgleichswelle zu sagen ist. Das ganze Moped wird durchgerüttelt, aber: keine Vibrationen im Lenker während der Fahrt und nur wenig in den Fußrasten. ich bin empfindlich aber kann damit sehr gut leben. Er ist nach wie vor bärenstark, dreht aber nicht so frei aus wie jeneder des GP Modells und ist auch nicht ganz so aggro. Wenn man die Krümmer von GP-18 und EC-19 ansieht wird alles klar. Der Krümmer der EC-19 ist vergleichsweise zart und dünn, er baut auch nicht so breit. Der FMF Endtopf hat nun zwei verstärkende Bleche zwischen Topf und Rohr angeschweisst bekommen, ansonsten ist er baugleich. Leistung ist immer und überall genug vorhanden, ein Hochdreher ist er aber nicht. Wir haben unsere GG's anders abgestimmt und die Auslasssteuerung von serienmäßig 2 Umdrehungen offen auf 1 ½ Umdrehungen offen gestellt. Dadurch dreht das weniger aggro, generiert aber einen sanfteren Drehmomentanstieg. Wir haben mehrfach alle Einstellungen versucht, an mehrern Tagen. Aber wir sind immer wieder bei 1 ½ Umdrehungen gelandet. Das ist aber reine Geschmackssache. So wie die Amis, mit 2 ½ und 3 Umdrehungen offen ist der Motor für europäisches Enduro unserer Meinung nach ungeeignet, da eer unten sein ganzes Drehmoment verschenkt.
Eine negative Sache ist die sehr ungewöhnliche Primärübersetzung des Getriebes. Erst fühlt es sich so an als wäre das Getriebe sehr kurz übersetzt und GG hat durch die lange Sekundärübersetzung (14/48) ausgleichen wollen. Tatsächlich aber generiert der Motor später Drehmoment als der von KTM, was man am besten beim Vergleichsfahren merkt. Dadurch entsteht auf steilen 2.Gang-Auffahrten der Eindruck, dass der Motor mit wenig Drehzahl schlechter zieht und früher die Kupplungshilfe braucht. Und es ist tatsächlich so. Allerdings erfordert das nur etwa 20 Stunden umgewöhnung, dann fährt man entweder einen Gang tiefer oder etwas schneller im Zweier. Und wer sich so wie ich so gar nicht umgewöhnen kann greift halt ein paar mal in die Kupplung. Hat mich anfangs etwas Konzentration gekostet ist aber inzwischen (derzeit 30 Stunden) kein Thema mehr. Der Motor ist ab Werk gut abgestimmt, das Schwimmerniveau ist aber definitiv zu hoch eingestellt, das ist aber Keihin und nicht GG anzulasten. Das muss man korrigieren und eventuell auch die 175er HD gegen eine 170er oder 172er tauschen, wenn man nicht viel Vollgas (speziell im Sand) fährt. Das tut dem Verbrauch gut. Meine ist ja mit dem JD-Kit ausgerüstet und bei mir war es so, dass ich bei mittelschnellem Enduro, gemischt mit einfachen Waldwegen und knackigen Anstiegen so war, dass ich nach 98km auf Reserve schalten musste. An der Tanke dann bei 108km sind aber nur etwa 9 Liter reingegangen, das ist für eine 300 Zwotakt eigentlich schon sehr OK.
Das Getriebe schaltet sich rauf wie runter butterweich, mit oder ohne Kupplung, das macht praktisch keinen Unterschied. Den Leerlauf findet man noch schwieriger als bei KTM, aber wir haben ja gelernt, dass dies (angeblich) Absicht ist. Mit den vorgeschriebenen 1:50 rotzt die GG recht stark aus dem Auspuff, sowohl mit als auch ohne JD Kit, sowohl mit Serienbedüsung als auch magerer Bedüsung. Kein Unterschied.
Die Seriensitzbank ist nicht weich, was haben diese Aussie-Tester für Ärsche? Die Bank ist genau richtig, aber auch recht hoch. Deswegen fahre ich eine abgespeckte GP Bank.
Komponenten, Verkabelung und Verarbeitung insgesamt sind auf Niveau der Konkurrenz, die Aufkleber der GP allerdings etwas unter KTM Niveau.
Die Sekundärübersetzung ist gut gewählt und passt uns gut, von einem richtig schnellen Fahrer wissen wir, dass er auf Hardendurostrecken ohne längere Geraden auf 14/50 übersetzt. Wir haben das ausprobiert, ist im langsamen Winkelwerk nett, aber für Allround hat es uns nicht getaugt. Auch ultrakurze 12/48 machen Spaß, aber auch nur wenn man nie über 70 fährt.
Die EC 300 lenkt sehr fein ein und ist dabei flinker als die 17er KTM und trotzdem stabiler, hat auch weniger Tendenz weit zu gehen wenn man sich mal verschätzt. Gabel und Federbein sind perfekt, da gibt es wenig zu sagen. Und: 3 Klicks sind definitv spürbar, auch von Grobmotorikern. Auf schnellen Stücken schenken sich GP, EC und KTM17 nichts, die KTM ist vielleicht etwas Ruhiger. Das Moped ist in der Mitte gefühlt breiter als die KTM was Anfangs ungewohnt war, man steht einfach ein wenig anders aber insgesamt sehr beweglich. Wie bei allen Enduros schrubbeln die Stiefel die Seitendeckel-Aufkleber ab. Lässt man die EC von der Leine wird einem wieder bewusst, dass so eine 300er einfach am meisten Spaß macht wenn man auf der fetten Drehmomentwelle reitet. Schon geil wie es das Vorderrad butterweich und oft ungewollt vom Boden holt und dazu dieser tiefe, bassige Sound den ich von keiner anderen Zweitakter kenne. Einfach nur Geil.
Kann nur sagen, ich bin sehr zufrieden. Und ich bin wohl einiger der Wenigen der schonungslos auch negative Sachen erwähnt. Während meine GP einfach eine Montagsgurke (zu Deutsch: Montagsmöhre) war und ich für das Aufzeigen aller Widrigkeiten teils harsche Kritik einstecken musste, ist die EC bisher bis auf Kleinigkeiten einfach nur geil!
Was sonst noch aufgefallen ist:
+ edle Komponenten: Fahrwerk, Felgen/Reifen, sogar die Schläuche sind von Michelin (und nicht ChingChangChung)
+ referenzverdächtige Vorderbremse
+ Moto Tassinari VForce Membranen
+ hochwertiger Domino Gasgriff
+ hitzeunempfindlicher Motor
+ gut zugängliches Ölschauglas
+ nun Ölablassschraube und Einfüllschraube mit wenig unempfindlichen Seckskant (vorher Inbus, weich wie Streichkäse)
+ sehr schönes und übersichtliches Instrument mit hellen Anzeigeleuchten
+ sehr einfach verstellbare Auslasssteuerung
+ serienmäßiger Zündkurvenschalter
+ gut zugänglicher und leicht zu wechselnder Luftfilter
+ edle Gabelbrücke schon im Standardmodell
- wackeliger Seitenständer mit fragwürdigem Winkel sorgt für instabilen Stand
- sehr kratzempfindliche Oberfläche an der Schwinge
- sturzgefährdeter Kombischalter, links
- bruchempfindlicher Kotflügel vorne
- sehr dünner Motorschutz (aber es ist wenigstens einer vorhanden, gell KTM
- rappeliger, mechanisch lauter Motor